3. Das Entstehen einer Subkultur am Beispiel
der HipHop-Bewegung, insbesondere der Graffiti Szene.
Im folgenden Kapitel werden die Faktoren
beschrieben, die zur Entstehung des Graffitiphänomens in New
York geführt haben. In enger Verbindung mit Graffiti steht
die kurz danach entstehende HipHop-Bewegung, deren Ursprung demselben
kulturellen Umfeld entspringt.
3.1 Entstehungsvoraussetzungen für HipHop
in New York
Laut B. SUTER ist die „Urbane Krise“
das Stichwort für die Situation in den Städten und das
Entstehen von Subkulturen. Das auffallendste Merkmal dieser Krise
ist die schnelle Veränderung von Bevölkerungsstrukturen,
räumlich-sozialen Veränderungen, wie z.B. Ghettobildungen
[35].
In den 50er Jahren war die Bronx in New York ein sauberes und
gepflegtes Quartier mit existierenden Nachbarschaftsverhältnissen,
die Stadtoberen sahen diese Gebiete jedoch als Slums an, und sollten
dementsprechend beseitigt werden. Im Jahre 1959 begann der Stadtplaner
Robert Moses neue Pläne für die Bronx zu schmieden, die
Stadt beabsichtigte nämlich einen Expressway durch die Bronx
zu bauen, den so genannten Cross-Bronx-Expressway, eine Schneise
für die Eisenbahn. Die Belange der Bewohner interessierten
die Stadtoberen nicht, denn der Expressway hätte auch problemlos
um die Bronx herumgebaut werden können [36]. In dem Buch Subway
Graffiti von C.CASTLEMANN gibt ein Zitat von R. MOSES zu seiner
Entscheidung: „ When you operate in an overbuilt metropolis,
you have to hack your way through with an meat axl“.
Die Veränderung war nicht aufzuhalten, die Maschinen und Bagger
arbeiteten sich vorwärts, die Bevölkerung der Mittelklasse
verabschiedete sich aus dem Quartier.
Die Struktur des Stadtteils änderte sich nun, indem die ärmeren
schwarzen und hispanischen Familien aus der Southbronx nun in den
Stadtteil Einzug hielten. Die Infrastruktur änderte sich, Geschäfte
und Lebensmittelläden verließen die Bronx, Arbeitslosigkeit,
Kriminalität und Drogen hielten Einzug.
Die Stadt beschloss daraufhin ein Sozialprojekt und es wurde in
der Bronx die Co-op-City aufgestellt, ein soziales Wohnbauprojekt
mit über 15000 Wohnungen. Die Wohnungen wanderten in den Besitz
der Mittelklasse, für die Armen blieb nichts übrig. Der
Stadtteil verkam, Wohnungen standen leer, Hausbesitzer verkauften
so schnell es ging ihre Häuser an so genannte Slumverwalter.
Höhepunkt der Unruhe in der Bronx war der Stromausfall von
1977. Während eines 27 Stündigen Stromausfalles wurden
in der Bronx und in den anderen ärmeren Stadteilen die Geschäfte
ausgeraubt und geplündert.
Die Medien interessierten sich auf einmal für die Bronx, die
Bilder verlassener, halb zerfallener Häuser wurden zum Sinnbild
für das Scheitern des modernen urbanen Lebens, der großstädtischen
amerikanischen Kultur überhaupt [37].
Jugendliche Gangs begannen die Quartiere in ihren Besitz zu nehmen
und die Anwohner zu terrorisieren. Es entstanden Gangs mit Namen
wie „The Savage Skulls“ oder „ The Black Spades“.
Mit Sprayemblemen markierten die Gangs ihr Revier und die Situation
wurde immer unerträglicher. Die streetgangactivity, also die
Aktivitäten der Gangs, mündete in immer größere
Auseinandersetzungen.
Eine Veränderung setzte durch das Entstehen der HipHop-Bewegung
ein, der Subkultur von Rap (Sprechgesang), Graffiti und Breakdancing,
akrobatischen Tanzeinlagen zu Rapmusik. Die Jugendlichen in der
Bronx fanden ihren Ausdruck nun in gewaltfreien Auseinandersetzungen,
sogenannten Battles, in denen Sie Ihr Talent im Rap und Breakdance
unter Beweis stellen konnten. Die Bandenkämpfe verschwanden
aus dem Alltag der Bronx und die Jugendlichen trafen sich nun friedlich
auf den Blockparties. Dort legten die Discjockeys Ihre neuesten
Schallplatten auf, die MCs, Master of Ceremony, gaben Ihre besten
Wortschöpfungen und Reime dazu. Strom wurde meistens von den
Straßenlaternen abgezapft. Die Breaker, Breakdancer, tanzten
nun vermehrt Ihre Battles gegen andere Crews, um Spannungen, die
sich im Miteinander ergeben hatten, auf friedliche und sportliche
Weise zu klären.
Ein besseres Verständnis für die Bedeutung dieser Kultur
für die Jugendlichen, lässt sich am Beispiel von Graffiti
folgendes Statement aus dieser Zeit gut benutzen: „ Instead
of taking arms we just took paint… If there hadn`t been Graffiti,
there would have been a lot of more violence” [38].
3.2 Die Entstehung der American Graffiti
Wie sieht die Entstehungsgeschichte der
American Graffiti aus, und welche Faktoren bedingten das Entstehen
dieser Subkultur?
Im Jahre 1971 erscheint in der New York Times ein Artikel über
„ Taki 183“. Dies ist das Synonym des 16 jährigen
Dimitrios. Dimitrios, Mitglied einer Gang, ist nach der Schule arbeitslos
und schreibt ganz in der Tradition der jugendlichen Gangs aus den
Ghettos und Wohnvierteln New Yorks seinen „nick-name“
oder Tarnnamen aus der Gang an die Mauern seines Viertels. Die Gangs
praktizierten dies schon seit den 60er Jahren, um ihre Hoheitsgebiete
zu markieren. Diese Signaturen die sogenannten „Tags“,
werden mit breitschreibenden Markern angebracht. Das Tag „Taki“
hat er um seine Straßenummer erweitert, also Taki 183. Dimitrios
bekommt einen Job als Bote, und dieser führt ihn mit der U-Bahn
durch die ganze Stadt. Er ist der erste unter vielen Gleichgesinnten,
der auf diese Weise seinen „Tag“ über die ganze
Stadt verteilt. Der besagte Reporter hatte Dimitrios aufgespürt
und über dessen Tun einen Artikel verfasst. Als Reaktion darauf
eiferten die jugendlichen Graffiti-Schreiber ihm nach. Durch die
Menge seiner Tags wurde Taki 183 zum King of the City [39].
Diesen ganzen Aktionen haftete noch der Aspekt der Markierung
eines Hoheitsgebietes an. Die wichtigste Botschaft war der Name
des Sprühers, Writers selbst, oder der von Sprayergruppen,
sogenannten writing gangs. Das Hauptanliegen bestand und besteht
heutzutage auch noch darin, bekannt zu werden, und seinen Namen
so oft wie möglich im öffentlichen Raum zu sehen. Die
anderen Sprayer, legten los und hatten nun eine Aufgabe für
sich gefunden: „ … getting fame, Hit your name to get
fame“. [40] Es gab nun einen Weg für die Namenlosen und
zum Teil perspektivlosen Jugendlichen, sich einen Namen zu machen.
Die Evolution der Graffitis ist von nun an nicht mehr aufzuhalten.
Die Tags sind den Writern auf Dauer nicht mehr ausreichend und sie
suchen nun ganz gezielt nach weiteren Ausdrucksmöglichkeiten,
ihren Namen an die Wände und Mauern zu bringen.
Die Writer entwickeln ihren eigenen Style. In New York entstehen
verschiedene Formen von Graffiti, verschiedene Stile. Die Anbringungstechniken
haben bis heute Gültigkeit und man spricht noch immer ehrfurchtsvoll
von den Pionieren dieser Zeit, der so genannten Old School.
Die Historiker bezeichnen diese Zeit auch als Style Wars, den so
genannten Krieg der Stile der im New York der 70er Jahre seinen
Höhepunkt hat.
3.3 Der Krieg der Stile
Die Evolution der Graffiti war von diesem
Zeitpunkt an nicht mehr aufzuhalten. Im folgenden Kapitel werden
die verschiedenen Anbringungstechniken sehr detailliert beschrieben,
um die enorme Kreativität und Energie zu verdeutlichen die
im Entstehungsprozess der Graffiti vorherrscht. Die Graffiti die
im öffentlichen Raum zu sehen sind, können nach dieser
Beschreibung unter einem anderen Gesichtspunkt gesehen werden. Die
Menschen hinter den Graffiti und ihre Motivation rücken in
den Vordergrund. Das Ergebnis wird nicht mehr nur als „ Schmiererei“
und „Sachbeschädigung“ angesehen.
3.3.1 Throw-ups:
Die Tags entwickelten sich weiter zu einer
Konturschrift, die so genannte Throw-up-outline. Die Buchstaben
konnten nun eine Höhe von einem halben bis einen ganzen Meter
erreichen. Diese wenig bunten und einfachen Bilder zieren eine Vielzahl
der heutigen Wände. Throw-ups werden schnell angebracht, sie
verbrauchen wenig Farbe und sind schnell zu vollenden. Sie bestehen
nur aus einer Umrandung, der so genannten Outline.,
Meistens sind sie leicht
schraffiert. Sie sind der einfachste und sichtbarste Weg sich in
einer Stadt bekannt zu machen. Der Erfinder der Throw-ups, dies
war im Jahre 1975, sprühte in seiner Sprüher Karriere
insgesamt 10000 davon. Die Weiterentwicklung in den Throw-ups besteht
darin den Buchstaben einen Schlagschatten beizufügen, den sogenannten
Shadow. Glanzlichter, kleine aufgesprühte Punkte, Sterne etc.
sollen eine Dreidimensionale Wirkung bewirken.
3.3.2 Bubbles:
Eine weitere Möglichkeit sind Bubbles,
die sogenannte Blasenschrift. Sie orientiert sich an den Comic-Strips
der 70er Jahre. Die Writer orientierten sich an den Buchstaben die
Sie in den Comics und Zeichentrickserien sahen. Bubbles sind aufgeblähte
Buchstaben die mehr oder weniger schwer lesbar sind. Vom Aussehen
her sind sie rund und gehen häufig in einander über.
3.3.3 Blockbuster:
Blockbuster sind gut lesbare Blockbuchstaben. Sie sind dick und
blockig gemalt, meistens einfarbig, bevorzugt wird Silber. Sie werden
dort angebracht, wo das Graffiti schon von weitem gut zu erkennen
sein soll z.B. auf Dachvorsprüngen, den sogenannten Rooftops,
Schallschutzmauern und Autobahnbrücken.
Blockbuster enthalten keine zusätzlichen Elemente. Die Konzentration
liegt auf den Buchstaben selber. Artverwandt ist der Western Style,
Buchstaben, die ihre Tradition in den Fernsehserien, den Western
und der Werbung fanden.
3.3.4 Pieces:
Unter dem Begriff Pieces versteht man ein
großes Wandbild, das alleine oder von mehreren Leuten angebracht
wird. Das Piece beinhaltet in der Regel einen Schriftzug, der durch
einen Charakter, z.B. eine Comic Figur erweitert wird. Der Schriftzug
wird künstlerisch angebracht und braucht daher Vorbereitungszeit.
Eine Skizze wird gemalt, Farben müssen besorgt werden und eventuell
die Wand grundiert oder vorbereitet sein. Die Anbringung von Pieces
kann mehrere Stunden dauern und wird stufenweise entwickelt.
Verschiedenartige Stylelemente können in das Bild integriert
werden.,dreidimensionale Effekte, Fadings ein sogenannter Übergangseffekt
zwischen zwei Buchstabe, Bubbles und Hintergrundeffekte. Fertige
Pieces werden mit einem Tag versehen und oftmals werden zusätzlich
noch Dedications, sogenannte Widmungen, Momenterfahrungen und Respektbekundungen
mit in das Bild einbezogen.
Eine höchst eigenständige Entwicklung der Buchstaben
setzte mit dem Wildstyle ein. Dieser wahrscheinlich aus den Handschriften
der Sprayer entstandene Schrifttyp, bildete die erste auch formal
eigenständige Ausdrucksform der Sprayer [41]. Die Buchstaben
sind bis zur Unendlichkeit verfremdet. Buchstaben, Pfeile, Punkte,
Striche, alles gehört und fließt ineinander. Nur der
Writer selbst ist in der Lage, das Zusammenspiel der Elemente zu
erkennen. Sogar erfahrene Sprayer und Betrachter brauchen einige
Zeit, um alles zu entziffern.
3.4 Von der Wand auf die Züge
Der letzte entscheidende Schritt der Graffiti
in die Öffentlichkeit brachte, war der Weg von den Wänden
der Bronx an die Wände der MTA. Die MTA ist die Metropolitan
Transport Authorithy, welche für den Transport der Bevölkerung
New Yorks zuständig ist. Die Writer entdeckten die U-Bahnen
für sich, um auf diese Weise ihren Namen durch die ganze Stadt
fahren zu sehen. Sie sind damit also aus dem halbprivaten Raum ausgebrochen
und nehmen den öffentlichen Raum der Stadt in Besitz [42].
Wurden die Bilder auf den Wänden teilweise noch geduldet, teilweise
ignoriert, rückten die Sprayer durch das Malen auf den Zügen
jedoch ins allgemeine Bewusstsein der New Yorker Öffentlichkeit.
Die Writer entwickelten ihre Styles weiter, da sie auf den Wagen
ihre Bilder ganz anders als auf den Wänden anbringen konnten
und mussten. Es entwickelten sich folgende unterschiedliche Formen.Man
spricht heutzutage von dem Begriff " Panel" und meint
damit allgemein Bilder auf Züge und U-Bahnen.
Die Writer entwickelten ihre Styles weiter, da sie auf den Wagen
ihre Bilder ganz anders als auf den Wänden anbringen konnten
und mussten. Es entwickelten sich folgende unterschiedliche Formen.
3.4.1 E 2 E
E two E oder auch E to E, bezeichnet man
als End to End. Das Graffiti auf dem Wagon geht dabei von einem
Ende des Wagons zum anderen Ende, befindet sich aber unterhalb der
Fenster. Ein bis zwei Sprayer teilen sich auf diese Weise einen
Wagon und das zugehörige Material.
3.4.2 T 2 B
Unter einem T2B versteht man ein Top-to-bottom.
Ein Piece das die gesamte Höhe eines Waggons einnimmt. Das
Piece geht auch über die Fenster. T2B`S werden von Sprayern
gemacht: „ who do not have the time, the paint, or the energy
to paint a whole car ” [43].
3.4.3 Whole Car
Unter einem Whole Car, Wc, versteht man
ein Piece, das sich über die gesamte Länge und die gesamte
Höhe eines Wagons zieht. Ein Whole Car wird von Gruppen, so
genannten Writer Crews gemalt. Es bedarf einer Menge an Farben,
den Fähigkeiten eines jeden Sprayers, man spricht in diesem
Fall von Skills , und Vorbereitungszeit um das Piece fertig zustellen.
Whole Cars werden mittels vorher entwickelten Skizzen angebracht.
Skizzen wurden ursprünglich in Black Books oder Travel Books
gemalt, das Skizzen und Entwurfsbuch eines Writers. Wertvolle Wholecars
enthalten einen guten Schriftzug, einen Character, Dedications und
Tags aller Crew-Mitglieder die an dieser Aktion teilgenommen haben.
Andere Personen werden oftmals auch auf diese Art und Weise gegrüßt.
Für ein Wholecar werden durchschnittlich 20 Dosen und mehr
benötigt, Dosen die nicht bezahlt werden können, werden
teilweise durch Stehlen in Baumärkten etc. besorgt. Man spricht
hier von Racken. Dieses kriminelle Verhalten ist heute nicht mehr
so aktuell. Szeneläden verkaufen nun das Zubehör.
Eine Crew teilt sich beim Malen auf. Je nach Fähigkeiten
des einzelnen bekommt er seinen Part in dem Piece, z.B. ein Maler
der noch nicht so viele Skills hat malt den Hintergrund, so genannter
Background, und die Fill ins. So nennt man den flächigen Farbauftrag
z.B. beim Ausfüllen von Buchstaben. Die fortgeschrittenen Maler
haben vorher die Outlines vorgegeben. Die Konturen eines Schriftzuges
und oder auch eines Characters werden so bezeichnet.
Um auch bis ganz oben an die Spitze des Waggons zu kommen, benutzten
die Maler mitgebrachte Leitern. Sollte dies nicht möglich sein,
hängt der Sprayer sich mit einer Hand an die Dachrinne des
Wagens und hangelt sich so weiter, ein sehr schwieriges Unterfangen,
das einiges an Erfahrung und Können voraussetzt. Stellen die
so nicht zu erreichen sind, zum Beispiel über den Türen:
„To reach areas that lie well past the doors, the writers
have to hang from a slight ridge that runs along the top of the
car, bracing their feet on the small bolts that protrude from the
car farther below ” [44].
Ein Wholecar sorgt natürlich für Aufsehen. Es erhöht
den Bekanntheitsgrad der Crew und sorgt so für Bekanntheit
und Ruhm innerhalb der Writer Szene. Man spricht hier von Fame.
Durch neue Dosen, die mehr Druck haben, und besseren Sprühköpfen
ist es einigen Writern auch möglich, ein Wholecar alleine fertig
zu stellen.
3.4.4 Wholetrain
Die Steigerung der Wholecars findet sich
in der Verwirklichung eines Wholetrains. Das Besprühen aller
Wagons eine U-Bahnzuges oder eines Eisenbahnzuges, also eine Aneinanderreihung
von Wholecars.
Der erste Wholetrain entstand im Juli 1976, genauer gesagt am
4 Juli, und bestand aus 11 aneinander gereihten U-Bahn-Wagons. 3
Writer hatten den Zug Freedom Train genannt und ihn zum Feiertag
des amerikanischen Staatsjubiläums gemacht. Wholetrains galten
lange Zeit als unerreichbar und brachten den Writern sehr viel Ruhm
ein.
Wie bei den Wholecars ist das Zusammenspiel der verschiedenen Writer
in der Crew von enormer Bedeutung. Einzelne Mitglieder stehen Wache
um die anderen rechtzeitig vor Bahnbeamten und Sicherheitskräften
zu warnen.
Die besten Maler werden dann als Kings bezeichnet. Sie dürfen
in ihren Bildern, Tags, eine Krone einbauen.
In den Erzählungen eines ehemaligen Graffitimalers aus Berlin
mit Namen Odem, erzählt er von Treffen der Kings aus verschiedenen
Städten, die es sich zur Aufgabe machen einen Wholetrain oder
mehrere Wholecars zu malen. So zogen sie durch verschiedene Städte
und erhöhten so ihren Fame [45], da die bemalten Züge
durch verschiedene Städte und Bundesländer, und sogar
durch andere Nationalstaaten fuhren.
3.5 Graffiti in Deutschland-ein kurzer Abriss
der Entwicklung
Die Subkultur der HipHop-Bewegung fand in
den 80er Jahren ihren Weg aus der New Yorker Bronx hinein nach Europa,
und die Graffitis nach New Yorker Vorbild bannten sich zum selben
Zeitpunkt auch ihren Weg nach Deutschland.
In Erzählungen der 1. Generation von Graffiti Malern in Deutschland
sehen viele ihre Initialzündung für Graffitis in dem Film
Wildstyle, der 1983 erstmals im ZDF ausgestrahlt wurde. Zeitgleich
entstand auch in München das erste gesprühte Piece von
Ray. Die Filme Beatstreet und Stylewars taten ihr Übriges ,
um Graffiti populär zu machen. Die Codes und Verhaltensweisen
der Szene wurden in Craig Castlemans Buch Getting Up erklärt
und die Styles aus dem Fotoband Subway Art von den deutschen Jugendlichen
kopiert. Teilweise wurden die Tags und Pieces originaltreu von Vorlagen
kopiert. Es fand eine Reproduktion einer subkulturellen Erscheinung
statt, die auf einem anderen Kontinent unter anderen Vorraussetzungen
entstanden war, jedoch durch die schnelle Verbreitung der visuellen
Medien auch in Deutschland greifbar war.
Der erste Münchener Whole Train war in Nachahmung der New
Yorker Styles im Jahre 1985 gefahren. Die Reinigung kostete damals
10.000 Mark [46].
Die Entwicklung der bundesdeutschen Graffitiszene kann und muss
an dieser Stelle nicht detailliert erläutert werden. Führende
Zentren in Deutschland waren und sind die Bereiche Berlin, München,
die Städte im Ruhrgebiet, Düsseldorf und Köln/ Bonn.
Einige dieser Städte haben regionale Eigenarten in ihrem Style
entwickelt. Berlin ist am New Yorker Vorbild orientiert und entwickelte
diesen Style weiter [47]. Das Ruhrgebiet, speziell Dortmund steht
für einen silbernen Style der mit seiner rauen und direkten
Art in diese Gegend passt und prägend war. Das Graffiti besteht
aus einfachen und blockigen Buchstaben. In Düsseldorf werden
besonders große, zwei bis drei Meter hohe Pieces angefertigt.
Ein gemeinsamer Nenner bei allen Städten, die eine aktive
Graffitiszene haben, liegt in der momentanen Anfertigung von Throw-ups
und silbernen bzw. Chrom Pieces. Dies ist als eine Reaktion auf
die Verfolgung durch Anti-Graffiti- Einheiten der Polizei und Partnerschaften
der Städte und Kommunen zu sehen. Unter erhöhtem Observationsdruck
und Zeitmangel entstehen oftmals einfache Bilder, die dann auch
wiederum schnell von den Reinigungsfirmen der Städte entfernt
werden. Auf diese Problematik werde ich im Laufe der Arbeit eingehen
und das System der Umgehensweise der Stadt Köln mit jugendlichen
Graffitimalern anhand der Kölner-Anti-Spray-Aktion erklären.
Die Entstehung dieser Jugendkultur in Deutschland war kein Ausdruck
von Armut oder gesellschaftlichen Umständen, sondern eine Erscheinung
der Wohlstandgesellschaft [48].
Ende der 80er Jahre erlebte Graffiti in Deutschland im Umfeld der
HipHop-Kultur verschiedene Wellen der Beachtung und ist immer noch
Thema für Jugendliche und Erwachsene.
Die Jugendlichen verbanden mit diesen alternativen Ausdrucksmöglichkeiten
eine protestierende, freche und revoltierende Existenzweise gegenüber
ihren Eltern und der Gesellschaft [49].
Szeneeigene Magazine und zahlreiche Graffiti
Auftritte im Internet stellen eine neue Art der Verbreitung
und Entwicklung innerhalb der Szene dar. Die Szene in Deutschland
orientiert sich lokal und global an den Bildern, die auf den Webseiten
und Magazinen gezeigt werden, da sie meistens der einzige Beweis
für die Existenz eines Bildes sind, bevor es von den Verantwortlichen
der Verkehrsbetriebe, Hauseigentümer etc. gereinigt wird.
Seit Mitte der 90er Jahre sind Graffitis in Deutschland Thema
und Auslöser für Diskussionen über Sicherheits- und
Ordnungsdiskussionen, kommunale Kriminalprävention und moderne
Stadtplanung.
[
weiter... ]
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